Hamburg Summit 2014

Gerhard Schröder – Sympathie Strategie

In meinen Trainings oder nach meinen Vorträgen werde ich immer wieder gefragt, ob Sympathiegewinnung für Politiker und Politikerinnen wichtig sei. Meine Antwort darauf ist immer dieselbe: Ja, natürlich. Vielleicht sogar mehr als in vielen anderen Bereichen. In meinen Trainings oder nach meinen Vorträgen werde ich immer wieder gefragt, ob Sympathiegewinnung für Politiker und Politikerinnen wichtig sei. Meine Antwort darauf ist immer dieselbe: Ja, natürlich. Vielleicht sogar mehr als in vielen anderen Bereichen. Menschen, die sich politisch engagieren, haben große Herausforderung. Sie müssen sowohl die Herzen ihrer Parteimitglieder erobern als auch das Vertrauen ihrer potentiellen Wählerschaft gewinnen. Kein einfaches Unterfangen, welches nur den wenigsten Menschen auch tatsächlich gelingt.

 

Die Sympathie-Bilanz

Sie müssen sich Sympathiegewinnung wie eine Bilanz vorstellen. Fließt Ihnen Sympathie auf der einen Seite zu, dann kostet Sie das auf der anderen Seite Pluspunkte. Sie dürfen, egal in welchem Bereich, keine Scheu davor haben, Ihr Profil „scharf“ genug darzustellen. Traditionelle Sympathiestrategien wollen dafür sorgen, jedem Menschen in jedem Augenblick zu gefallen. Trennen Sie sich bitte von dieser Vorstellung, denn sie ist eine Illusion. Wenn Sie danach trachten, möglichst vielen zu gefallen, erodiert Ihre Position nachhaltig. Viel wichtiger ist, dass Sie wissen, wofür Sie stehen und wie Sie Ihre Zielgruppe sympathisch aktivieren und ausbauen.

 

Die Sympathie-Strategie

Sympathie bei der eigenen Zielgruppe kostet Sie Sympathien bei einer anderen Zielgruppe. Das alles Entscheidende ist, wie Sie Ihre Kernzielgruppe Schritt für Schritt erweitern. Dazu müssen Sie jedoch provozieren und eine andere Gruppe angreifen. Das kostet Sie Sympathien bei der „angegriffenen“ Gruppe, hebt Ihren Sympathiegrad jedoch bei der anvisierten Zielgruppe.Jemand, dem dies sehr gut gelungen ist, ist der ehemalige deutsche Bundeskanzler Dr. Gerhard Schröder.

Ihm gelang es als einem der Wenigen, Sympathien zu erzeugen und gleichzeitig unpopuläre Maßnahmen durchzusetzen (Agenda 2010). Dies nämlich ist die wahre Kunst der Sympathie. Den Menschen nach dem Mund zu reden und so Sympathie zu erzeugen, ist auf Dauer alles andere als zielführend. Wie wir wissen, ist „everybody`s darling, everybody´s Depp“. Viel eher geht es darum, Vertrautheit und Vertrauen aufzubauen. Nett ist zwar nett, entwickelt jedoch nicht die Durchschlagskraft, die man sich erwartet.

 

Aufbau von Nähe

Um Sympathien bei der eigenen Zielgruppe aufzubauen und auf weitere Zielgruppen zu übertragen, eignen sich zwei kommunikative Strategien besonders gut:Die „Ich bin einer von euch-Strategie“ und die „Ich bin keiner von denen-Strategie“. Wie werden diese nun von Gerhard Schröder umgesetzt? Hier ein paar Beispiele:

• „Man kann es so oder so machen. Ich bin für so.“

• „Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft!“

• „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: Raus, und zwar schnell.“

• „Frauenpolitik und so Gedöns.“

• „Hol‘ mir mal ‚ne Flasche Bier, sonst streik ich hier, und schreibe nicht weiter!“

Das letzte Zitat hat es sogar durch die musikalische Untermalung von Stefan Raab in die Charts gebracht. Es signalisiert, dass Gerhard Schröder ein Mensch mit alltäglichen Bedürfnissen ist. Diese Aussage bringt ihn uns näher. Zumindest dem biertrinkenden Teil der Gesellschaft. Dieses Zitat ist somit in der Kategorie „Ich bin einer von euch!“ einzuordnen. Eine andere Strategie ist es, eine Gruppe – indirekt – anzugreifen oder sich über sie lustig zu machen. „Frauenpolitik und Gedöns“ würde in die Strategie: „Ich bin keiner von denen!“ fallen. Natürlich brachte ihm diese Aussage massiv Kritik. Doch je größer die Kritik auf der einen Seite wird, desto mehr Befürworter gibt es auf der anderen Seite. Wir erinnern uns, dass Sympathie wie eine Bilanz funktioniert. Jemand, der diese Strategie bis zum „Exzess“ auslebt und Erfolg damit hat, ist der amerikanische Präsident Donald Trump. Auch bei ihm kommt es immer wieder zum Wechsel zwischen diesen beiden grundlegenden Strategien. Um Ihren Sympathiegrad nach oben zu schrauben, überlegen Sie sich bitte, wem Sie eigentlich sympathisch sein wollen und weshalb. Lernen Sie Ihre potentielle Zielgruppe besser zu verstehen und versuchen Sie Sympathien über Antipathien zu gewinnen. Agieren Sie jedoch nicht nach dem Motto: „Koste es, was es wolle!“. Dies könnte Ihnen bei Ihrer Zielgruppe auch wichtige Sympathiepunkte kosten. Verdeutlichen Sie lediglich Ihre Standpunkte auf einem möglichst hohen Niveau. Viel Erfolg dabei!

 

Michael Jagersbacher

 

Autor: Michael Jagersbacher ist Doktor der Erwachsenenbildung und Magister der Philosophie. Als Verhaltens und Wirtschaftstrainer mit den Kerngebieten Motovation, Kommunikation, Verkaufsgespräche und Selbstpräsentation.

 

 

 

 

 

 

Dieser Artikel von Michael Jagersbacher erschien im ERFOLG Magazin vom Februar 2017.

 

 

 

 

Bilder: Michael Jagersbacher, despositphoto/360ber, Roland Magunia Krafft Angerer/Hamburg Summit